Beeinträchtigt Ultrafeinstaub unsere Gesundheit?

15.09.2021

Beeinträchtigt Ultrafeinstaub unsere Gesundheit?

Untersuchung von Grundschulkindern – Bald auch in Schulzendorf!

(Miriam Wiese-Posselt, Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin; Arnt Diener, Universitätsklinikum Düsseldorf)

 

Unser Alltag mag aktuell von anderen Themen – insbesondere der Coronapandemie – bestimmt werden, doch die Qualität unserer Luft sollten wir nicht außer Acht lassen. Auf das Atmen können wir schließlich nicht verzichten; ein Erwachsener atmet etwa 20.000-mal am Tag ein und aus. Aufgrund des Verkehrs, der Industrie, der Energieerzeugung und auch der Landwirtschaft sind wir fortwährend Luftschadstoffen ausgesetzt. In den letzten Jahren sind die (Ultra-)Feinstaubkonzentrationen immer weiter in den Fokus gerückt. Hier muss zwischen den Stäuben verschiedener Größe unterschieden werden: Den Partikeln mit einem aerodynamischen Durchmesser bis zu 10 Mikrometer (µm) („particulate matter“ oder PM10), denen bis zu einem Durchmesser von 2,5 µm (PM2.5) und den ultrafeinen Partikeln (UFP) mit einem Durchmesser bis zu 100 Nanometern (nm) (das entspricht 0,1 µm). Zum Vergleich: Ein feines Sandkörnchen hat einen Durchmesser von 90 µm; d.h. der Durchmesser von PM10 macht ein Neuntel eines Sandkorns aus. UFP ist so unvorstellbar klein: Wäre ein PM10-Partikel ein Fußball, wäre ein ultrafeines Partikel (UFP) eine Erbse. (Ultra-)Feinstaub (PM10, PM2.5 und UFP) besteht aus einem komplexen Gemisch aus festen und flüssigen Stoffen, die sich in der Luft chemisch und physikalisch verändern können. Anders als die Messung von PM10 und PM2.5 ist die Bestimmung der Konzentration an UFP kompliziert und hierzulande noch nicht routinemäßig etabliert. Im Rahmen von Studien und Projekten konnte gezeigt werden, dass UFP hauptsächlich bei Verbrennungsprozessen entstehen und vom Wind über viele Kilometer getragen werden können. Auch noch in 10 km Entfernung einer UFP-Quelle können diese kleinsten Partikel gemessen werden. UFP können, aufgrund ihrer geringen Größe, bis tief in die Lungenbläschen eingeatmet werden. Es konnte sogar nachgewiesen werden, dass sie bis in die Blutbahn, die inneren Organen und das Gehirn vordringen können. Im Körper sorgen UFP unter anderem für sogenannten „oxidativen Stress“ und in der Folge für Entzündungsreaktionen, Verengung der Blutgefäße oder Schädigungen von Organgewebe und Nerven. Die Auswirkungen auf die besonders exponierten Kinder sind bisher allerdings nur ungenügend erforscht.

Hier setzt die Berlin-Brandenburg Air Study (BEAR) an. In dieser mehrjährigen Studie werden mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Entwicklung von Grundschulkindern untersucht. Ein breites Konsortium an Wissenschaftler*innen und Ärzt*innen bestimmt dafür einerseits die Konzentration von UFP und anderen Luftschadstoffen an verschiedenen Standorten in Berlin und Brandenburg und führt andererseits Gesundheitsuntersuchungen bei Grundschulkindern durch, um mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit der Lungen, von Herz und Kreislauf und auf die kognitive Entwicklung zu erheben.

Diese Gesundheitsuntersuchungen werden von Mitarbeiter*innen der Charité (Institut für Hygiene und Umweltmedizin) sowie von der Universität Düsseldorf (Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin) durchgeführt und ausgewertet. Seit Januar 2020 führen wir an acht Berliner Grundschulen und seit Ende 2020 an den Horten von acht Schulen in Brandenburg im Umfeld des Flughafens BER folgende Untersuchungen durch: Blutdruckmessung, Lungenfunktionstestung, Messung von möglichen Entzündungswerten in der Ausatemluft und Testung der Konzentrations- und Gedächtnisleistung (computergesteuert). Alle Untersuchungen sind schmerzfrei und werden vor Ort im Hort bzw. in der Schule durchgeführt; so müssen die Kinder nicht ein Untersuchungszentrum an der Charité aufsuchen, und wir messen vor Ort - dort, wo die Kinder wohnen und zur Schule gehen. Zeitgleich zu den Gesundheitsuntersuchungen wird die Konzentration an UFP auf dem Gelände der Schule bzw. des Hortes gemessen, sodass wir die Untersuchungsergebnisse bei den Kindern direkt mit der Exposition gegenüber UFP vergleichen können.

Unser Ziel ist es, 800 Grundschulkinder der Jahrgangsstufen 3 und 4 in die BEAR-Studie einzuschließen. Über mindestens zwei Jahre werden wir diese Kinder begleiten und ein- bis dreimal pro Jahr untersuchen. Neben den Daten der Gesundheitsuntersuchungen benötigen wir von den Eltern bzw. Erziehungsberechtigten Informationen zum Wohnumfeld, Vorerkrankungen und ggf. Medikamenteneinnahme beim Kind. Dafür erfolgt eine Befragung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten mittels Fragebogen. Bei der Erhebung der Daten und Messwerte werden die gültigen Datenschutzrichtlinien berücksichtigt; zudem liegt für die BEAR-Studie ein positives Ethikvotum vor.

Um eine große Aussagekraft unserer BEAR-Studie erreichen zu können, benötigen wir eine hohe Teilnahmebereitschaft von Familien mit Kindern im Grundschulalter in Schulzendorf. Über die Schule und den Hort in Schulzendorf bauen wir einen Kontakt zu den Familien auf und schließen sie in die Studie ein. Falls wir Sie noch nicht erreichen konnten, können Sie sich bei Interesse aber auch bei Fragen gerne an uns wenden: Dr. med. Miriam Wiese-Posselt (), Frau Antonia Hamann ().