Schulzendorf Broschüre

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Ortschronik

Vorwort

 

Das Wissen um die historische Erfahrung, um humanistische Traditionen und

um Hintergründe der politischen Ereignisse ist eine wichtige Quelle für das Verständnis der Gegenwart.

 

Die Arbeitsgemeinschaft der Ortschronisten Schulzendorf bemüht sich um die Sammlung ortsgeschichtlicher Dokumente und Daten.

Die nachfolgenden Beiträge geben einen Überblick über einzelne Abschnitte zur Entwicklung unseres Ortes.

Zur 625-Jahr-Feier haben die Ortschronisten die Broschüre "1375 - 2000 - 625 Jahre Schulzendorf" herausgegeben.

Gegenwärtig beschäftigen sich die Chronisten mit Problemen der Entwicklung der Infrastruktur, des Handels und des Handwerks von 1900 bis zur Gegenwart. Bei der Arbeit an der Chronik konnten wir Chronisten uns auf vielfältige Hilfe stützen. In vielen Gesprächen brachten Zeitzeugen wertvolle Erinnerungen ein. Zahlreiche Fotos und Dokumente wurden uns zur Verfügung gestellt.

 

Zur Vervollständigung der Ortschronik sind wir weiterhin an Ihrer Mitwirkung interessiert:

 

Wer kann sich an die Geschäfte und Gewerke in seiner Straße (seit 1930 und früher) erinnern, wer hat noch Fotos oder Ansichtskarten und andere Dokumente, die uns leihweise zur Verfügung gestellt werden könnten?

 

Melden Sie sich bitte bei der AG Ortschronisten Schulzendorf:


E-Mail:

 

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Schulzendorf - eine märkische Gemeinde im Wandel der Zeit von Klaus Schädel

 

von Klaus Schädel  

„Die Stadt der 1000 Gärten", so titelte im Jahre 1932 die Zeitschrift "Siedlung und Landhaus"

und wandte sich damit an kaufwillige Interessenten, die beabsichtigten, sich ein Wochenenddomizil oder gar neues Wohneigentum zu schaffen.

 

Die Gemeinde Schulzendorf befand sich zu dieser Zeit in einer bemerkenswerten Wachstumsphase. Seit der Jahrhundertwende hatten die größeren Bauern des Ortes damit begonnen, Teile ihres Besitzes zu parzellieren und zu verkaufen.

Als sich Richard Israel, der damalige Besitzer des Rittergutes Schulzendorf, diesem Trend anschloss, wuchs das entstehende Neuschulzendorf rasch zu einer Gartenstadt-Großsiedlung.

Diesen Charakter hat sich der Ort bis in die heutige Zeit erhalten.

Auf etwa 10 Quadratkilometern bebauter und inzwischen auch fast dauerhaft bewohnter Fläche leben fast 8000 Menschen an einer der über 100 Straßen und Plätze.

"Schultendorpp" trat im Jahre 1375, durch die schriftliche Ersterwähnung im Landbuch Kaiser Karls IV.

ins Rampenlicht der Öffentlichkeit und konnte deshalb im Jahr 2000 seine 625-Jahrfeier begehen.

 

Doch vermutlich bereits seit mehr als 700 Jahren existierte die Gründung deutscher Kolonisatoren (Askanier) auf dem Areal des heutigen Altdorfs.

Hier spielte sich in der Folgezeit die Ortsgeschichte ab.

Wechselnde Besitzer des Gutes haben ebenso die Geschehnisse im Dorf beeinflusst, wie einige Bauernfamilien, die über mehrere Jahrhunderte hier lebten und deren Nachkommen auch in der Gegenwart noch Schulzendorfer sind.

 

Erwähnenswert ist gewiss auch die Tatsache - und nicht nur wegen des Preußen-Jubiläums, dass von 1718 bis 1812 die Hohenzollern Besitzer des Schulzendorfer Gutes waren.

 

Aus dieser historischen Epoche ist leider nichts erhalten geblieben.

Die ältesten erhaltenen Gebäude stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts (1. Schule von 1858, Patronatskirche von 1865/66). 

 

Um größere Teilen der heute noch erhaltenen Bebauung des Altdorfes aus dem 19. Jahrhundert für die nachfolgenden Generationen zu erhalten, wurden vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege der Dorfanger mit den angrenzenden Gebäuden des ehemaligen Rittergutes, bestehend aus dem "Gutsschloss" mit Park, der Patronatskirche, des Verwalterwohnhauses sowie der beiden Gesindewohnhäuser unter gesetzlichen Schutz gestellt.

 

1999 hat sich der Verein zur Wiederherstellung der Patronatskirche und des Dorfangers gegründet, der sich zur Aufgabe gestellt hat, dieses historische Kleinod zu restaurieren und zu erhalten.

Schulzendorf entwickelte sich in einer durch die Eiszeit geprägten Landschaft. Nachdem vor ca. 20.000 Jahren das letzte Eis auf Grund einsetzender Klimaänderungen abzuschmelzen begann, hinterließ es die auch für unsere Gemeinde so typischen Ablagerungen von Kies, Mergel und Schotter - eine sanfte Hügellandschaft entstand.

 

Dazwischen befinden sich häufig feuchte Niederungen, durch die das Schmelzwasser abfloss und immer wieder Seen, Teiche und Tümpel ausbildete, die teilweise bis in die Gegenwart erhalten geblieben sind.

Unser Gebiet ist reich an frühgeschichtlichen Spuren, wie Ausgrabungsprojekte immer wieder beweisen.

Erst in letzter Zeit konnte man an der B 179 südlich von Waltersdorf und an der Autobahnbaustelle nahe Kiekebusch Archäologen bei der Arbeit beobachten.

 

Das Territorium der heutigen Gemeinde Schulzendorf bot auf Grund der natürlichen Voraussetzungen, die die eiszeitlich geprägte Landschaft garantierte, hervorragende Bedingungen für eine frühzeitige Besiedlung. - Neben dem unerlässlichen Wasserreichtum waren genügend jagdbare Tiere für die Nahrungsbeschaffung und ausreichend Heizmaterial aus den umfangreichen Wäldern für eine dauerhafte Besiedlung vorhanden.


Bereits 1935 berichtete der verdiente märkische Vorgeschichtsforscher Oberstudiendirektor Dr. Hohmann aus Eichwalde über die frühsteinzeitlichen Funde von Schulzendorf.

Er legte eine vermutlich altsteinzeitliche (?) Breitklinge aus Feuerstein mit deutlichen Bearbeitungsspuren vor, deren Zuordnung zu einer entsprechend alten Erdablagerung von namhaften Geologen bestätigt wurde.

 

Vielleicht gehören die sichergestellten Feuersteingeräte aber auch "nur" in die Mittelsteinzeit, was einem Siedlungsalter von immerhin noch 8.000 bis 10.000 Jahren entsprechen würde!

 

Weiterhin sind umfangreiche jungsteinzeitliche Hinterlassenschaften mit Sicherheit an mehreren Stellen geborgen worden.

Insgesamt wurden ca. 20 Fundplätze in der Gemarkung Schulzendorf registriert, die sich vornehmlich innerhalb und an den Rändern der Niederungsgebiete befinden.

 

Diese bezeugen darüber hinaus die menschliche Besiedlung während der Bronzezeit, die Existenz der Germanen (Semnonen, Burgunden) und das Vorhandensein umfangreicher slawischer Siedlungen.

 

Schulzendorfs Fundstücke (Keramik aus verschiedenen Epochen, Stein, Bronze- und Eisengeräte etc.) sind meist Oberflächenfunde oder bei gezielten Ausgrabungen sichergestellt worden.

 

Darunter befinden sich einige bemerkenswerte Stücke; steinzeitliche Steinbeile, ein bronzezeitlicher "Schatzfund“ bestehend aus fünf Bronzeringen, germanischen Eisengeräten (u. a. Kamm, Gürtelschnalle etc.), Keramik mit interessanter Verzierung aus verschiedenen Epochen.

 

Die Exponate befinden sich im wiedereröffneten Archäologischen Landesmuseum in Brandenburg, das im restaurierten ehemaligen Pauli-Kloster eine neue Heimstätte gefunden hat.

 

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Schulzendorf - im Landbuch Kaiser Karls IV.

von Ludwig Lehmann

Die schriftliche Ersterwähnung Schulzendorfs ist, wie bei vielen Orten der Mark, erst 1375 im Landbuch Kaiser Karls IV. eindeutig quellenmäßig belegbar. Eine frühere Gründung Schulzendorfs ist wahrscheinlich, aber aufgrund des Fehlens einer Dorfgründungsurkunde (Lokationsurkunde) nicht nachweisbar.


Karl IV., Sohn des Böhmischen Königs Johann aus dem Hause Luxemburg, wurde 1316 in Prag geboren und wuchs am französischen Hofe auf.

 

In Paris konnte er sich ein hohes Wissen aneignen. Im Sommer 1346 begann seine politische Laufbahn mit der Wahl zum deutschen König als Gegenkönig zum bayrischen Kaiser Ludwig.

 

Seit 1347 auch König von Böhmen, förderte er vor allem sein Erbland wirtschaftlich und kulturell und vergrößerte seine Hausmacht durch den Erwerb der Oberpfalz und der Niederlausitz. 1355 zum deutschen Kaiser gekrönt, erließ Karl IV.

1356 ein in Nürnberg verabschiedetes Reichsgesetz, die "Goldene Bulle".

Dadurch wurde die Mark Brandenburg als Kurfürstentum anerkannt.

Im Ringen um die Macht in der Mark konnte Karl IV. seine Machtansprüche durch den Vertrag von Fürstenwalde vom 15. August 1373 durchsetzen.


In diesem Vertrag verzichtete Otto, der Sohn und Nachfolger Kaiser Ludwigs, gegen eine hohe Entschädigung auf die Mark zugunsten der Söhne Karls IV.

Damit hatte die Herrschaft der Wittelsbacher in der Mark Brandenburg ihr Ende gefunden.

Die Mark wurde jedoch nicht generell Bestandteil der Luxemburger Herrschaft, sondern Karl IV. belehnte am 2. Oktober 1373 in Prag seine minderjährigen Söhne Wenzel, Sigmund und Johann mit diesem Kurfürstentum.


Karl IV. und sein Sohn Wenzel als Markgraf von Brandenburg bestätigten den brandenburgischen Städten alle Rechte und Freiheiten.
Damit begannen nach der wirren, für Handel und Wandel in der Mark unheilvollen Epoche von fast 60 Jahren seit dem Ende der Askanierherrschaft die "5 Jahre" unter Karl IV., der statt seines minderjährigen Sohnes Wenzel die Regentschaft führte.

 

Er beabsichtigte, die Mark durch eine Erbvereinigung mit dem Königreich Böhmen zu verbinden. Es gelang ihm, die märkischen Stände für die Erbreinigung zu gewinnen, und am 28. Mai 1374 fand ein gemeinsamer Landtag der Stände Böhmens und der Mark in Guben statt, auf dem diese Erbvereinigung proklamiert wurde.

Am 29. Juni 1374 bestätigte Karl IV. in Tangermünde - seiner märkischen Residenz - den Vertrag.

Die alte Askanierburg Tangermünde wurde um diese Zeit völlig umgebaut und war bis zum Tode Nebenresidenz zum Hradschin in Prag.
Im Jahre 1900 ließ Wilhelm II. ein Standbild Karls IV. als Geschenk an die Stadt Tangermünde errichten, das noch heute zu besichtigen ist.

 

Wahrscheinlich bald nach dem Fürstenwalder Vertrag von 1373 hat Karl IV. die Anweisung zu einer ersten Bestandsaufnahme in der Mark und danach den Auftrag für das viel ausführlichere Landbuch gegeben.

 

Diese Bestandsaufnahmen, die zu den bedeutendsten statistischen Quellen des Mittelalters gehören, waren im wesentlichen 1375 abgeschlossen.

Das "Landbuch der Mark Brandenburg" enthält Angaben über Siedlungen, Dörfer sowie Städte und deren Verpflichtungen gegenüber kirchlichen und weltlichen Lehnsherren.

72 größere und 51 kleinere Städte, Burgen und Burganlagen werden hier zum erstenmal urkundlich erwähnt.

"Schultendorpp umfasst 47 Hufe, davon 4 Pfarrhufe und 12 Freihufe des Heinrich Reichenbach, jede bäuerliche Hufe gab 4 Scheffel Roggen und 4 Scheffel Hafer als Pacht, 2 Schilling als Zins und 9 Pfennig als Bede an Heinrich Reichenbach, der auch die Gerichtsbarkeit und das Patronat besaß.


Jeder Kossätenhof entrichtete jährlich 2, der Krug 10 Schillinge an Heinrich Reichenbach. Man erinnerte sich nicht, dass der Herr Markgraf hier jemals irgend etwas besessen hatte".
Das "Landbuch" enthält detaillierte Angaben über die Besitzverhältnisse in Schulzendorf.


Im Schoßregister von 1450 sind 55 Hufe angegeben, offenbar sind hier die 8 Kossäten zugerechnet.

Die ursprüngliche Schreibweise "Schultendorpp" veränderte sich 1450 In "Schultendorff", 1624 in "Schultzendorff", 1775 in "Schultzendorf" und ab 1805 "Schulzendorf".

 

Die Bezeichnung kommt wahrscheinliche von "schulte" Dorfschulze, Ortsvorsteher, Bürgermeister. Möglich ist aber auch die Bildung von einem Familiennamen "Schulte".

 

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Schulzendorf - Die Patronatskirche von Schulzendorf - Zeugin der Geschichte

 

von Dr. Elke Vagts, Klaus Schädel und Dr. Heidi Burmeister

Am Rande des Angers von Schulzendorf steht verträumt - von einer efeuumrankten Feldsteinmauer umschlossen – eine neogotische Kirche - die Patronatskirche.

 

Das Gebäude ist in seiner romantischen Nachahmung märkischer Backsteingotik ein typisches Beispiel für die preußische Kirchenarchitektur der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Im Jahr 2000 öffnete die Kirche anlässlich des 625-jährigen Jahrestages der ersten urkundlichen Erwähnung Schulzendorfs zum ersten Mal nach über 20 Jahren wieder ihre Pforten für die interessierte Öffentlichkeit.

 

Man konnte die seltenen Jugendstilmalereien betrachten, die noch die langsam zerfallenden Wände, die Kanzel und die Orgelempore schmücken oder versuchen, auf den beiden aus dem Jahre 1694 stammenden Holztafeln mit 36 auf Blech gemalten Wappen die Namen zu entziffern.

 

So mancher spürte wohl, dass dieser Ort, könnte er denn erzählen, vielleicht die umfassendste und spannendste Geschichte von Schulzendorf erzählen könnte.

 

Seit dem 13. oder 14. Jahrhundert befand sich hier ein Feldsteinbau, vielleicht bereits als Nachfolger einer einfachen Holzkirche, der das Zentrum des Dorflebens war. Bis zur Reformation und Luthers Übersetzung der Bibel ins Deutsche wurden hier katholische Messen in lateinischer Sprache abgehalten.


Was mag sich wohl in den Mauern des Gotteshauses abgespielt haben, nachdem der Kurfürst Joachim II. (1535-1571) am 1. November 1539 in der Nikolaikirche zu Spandau offiziell den protestantischen Glauben annahm und ganz Brandenburg, darunter Schulzendorf, damit faktisch lutherisch wurde?

 

Schon weniger als hundert Jahre später wurde die Kirche Zeugin des Dreißigjährigen Krieges, der zum größten Teil auch im Namen des richtigen Glaubens geführt wurde. Der machte die Mark Brandenburg zum Hauptschauplatz seiner Kämpfe und ihre Bevölkerung zu den Hauptopfern all seiner Auswirkungen.


Ein knappes Jahrhundert (1718 bis 1812) gehörte Schulzendorf zum Besitz der Hohenzollern. Der als "Soldatenkönig" bekannt gewordene Friedrich Wilhelm I. hatte 1698 von seinem Vater die ehemalige spätmittelalterliche Burg in Wusterhausen geschenkt bekommen und baute sie sich als Jagdschloss aus.

 

Er wählte diesen Ort südöstlich von Berlin insbesondere in den Sommermonaten als Hauptaufenthaltsort.

Möglicherweise gelangte er bei den von ihm geliebten Jagden im Umland auch in das circa acht Kilometer nördlich gelegene Schulzendorf.

 

1718 hatte er es jedenfalls für seinen ältesten Sohn, den Kronprinzen Friedrich, vom Generalmajor von Gersdorf abgekauft, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts neben der Kirche ein massives Lustschloss mit Garten hatte errichten lassen, von dem leider keinerlei Spuren geblieben sind.


Nach der bitteren Niederlage Preußens gegen Napoleon in der Schlacht bei Jena und Auerstedt musste Preußen zur Begleichung der im Frieden von Tilsit (1807) festgeschriebenen Kriegsschuld zahlreiche Domänen veräußern, darunter auch die meisten Güter der Herrschaft Wusterhausen.

 

So wurde das Gut Schulzendorf im Jahre 1812 an den preußischen Staatsminister Freiherr von der Reck für 31 586 Taler verkauft.

Die Schulzendorfer Bevölkerung hatte inzwischen, wie die vieler anderer Ortschaften auch, die hier lagernden französischen Besatzungstruppen täglich mit frischem Fleisch, mit Hafer und Gerste versorgen müssen.


Genaueres, allerdings wenig Ruhmreiches, erfahren wir über die Schulzendorfer erst wieder aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, dank der Chronik der Jahre 1835-1844, die der Prediger von Waltersdorf, Schulzendorf, Miersdorf, Bohnsdorf und Grünau - Ferdinand Valentin Arndt - hinterlassen hat.

 

Er klagte über den trüben moralischen Zustand, die Habgierigkeit und den Geiz der Dorfbewohner, „der so manche Wirthe von Bessern abhält und das Werk Gnade an den Herzen hindert“.

In dieser Zeit regte sich aber auch in der Schulzendorfer Kirchengengemeinde der Gedanke, die alte baufällige Feldsteinkirche zu erneuern.

1866 war es dann soweit: die neue Kirche, ein Ziegelbau in größeren Dimensionen auf derselben Stelle des Vorgängerbaus, wurde am 31.10. feierlich eingeweiht.

 

Die Königliche Hofkammer der Königlichen Familiengüter hatte von Patronatswegen 4.600 Taler in zwei Jahresraten bewilligt.

Aus der alten Kirche wurden heute noch zu bewundernde Schätze übernommen, wie eine von Johann Jakob Schultz 1707 gegossene Glocke, die Wappentafeln von 1694 und eine seltene Einzeigeruhr, die 1716 von Gottfried Kayser hergestellt wurde.

 

Vergleicht man die Baupläne und die Begleittexte Friedrich August Stülers (1800 – 1865) für seinen „Entwurf einer evangelischen Landkirche mit 200 Sitzen“ mit den immer noch vorhandenen Merkmalen des äußeren und inneren Baus der Patronatskirche, so muss spätestens nach dem Umbau 1912 von einer „Stülerkirche“ gesprochen werden.


Niemand konnte ahnen, dass die Patronatskirche nach etwas mehr als hundert Jahren ihre Pforten bereits wieder schließen würde. Sie hatte inzwischen zwei Weltkriege überstanden und war Zeugin mehrerer Umbrüche geworden, die die Rolle der Kirche jeweils neu definierten.


Aber nicht nur diese Ereignisse drängten die Bedeutung der Kirche zurück, sondern vor allem die Entwicklung, die der Ort Schulzendorf seit den 30er Jahren genommen hatte.

Eine wachsende Zahl von Menschen siedelte sich in Neu-Schulzendorf bzw. den in den 30er Jahren entstandenen Ortsteilen Mitte und Eichberg an.

 

Damit wurde das Altdorf immer mehr zur Peripherie, die Menschen gingen nicht mehr den Weg hierher, um am Gemeindeleben teilzunehmen.

Vielmehr entstanden mehrere Ausweichobjekte, die die Kirchengemeinde zersplitterten. Selbst die 1951/52 neu gebaute und am 6.4.1952 eingeweihte Kreuzkirche konnte dieser Tendenz zunächst nicht entgegenwirken. Doch spätestens nachdem die Patronatskirche 1979 endgültig ihre Pforten schloss, wurde jene zum Zentrum des religiösen Lebens im Dorf. 1986 erhielt sie die Orgel aus der Patronatskirche, die 1997 restauriert wurde.


Erst seit Beginn der 90er Jahre erwacht das Interesse an der Patronatskirche als geschichtsträchtigem Ort von Neuem.

Es gründete sich der gemeinnützige „Verein zur Wiederherstellung der Patronatskirche und des Dorfangers“. Ihm gelang es im Zusammenwirken mit der Gemeinde Schulzendorf die Kirche vor dem Zerfall zu retten.


Heute öffnet die Patronatskirche regelmäßig zu Kulturveranstaltungen ihre Pforten (www.patronatskirche.de).

 

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Schulzendorf - Das Gutsschloss und die Familie Israel

von Prof. Dr. Sieglinde Heppener

Den Besucher schon von weitem grüßend überragt ein Turm die Wipfel der schönen alten Bäume des Schulzendorfer Dorfangers.

Er gleicht einem Aussichtsturm und passt so gar nicht zur Architektur des zu ihm gehörenden, von den Schulzendorfern "Schloss" genannten Gebäudes. Es wurde 1889 im Stil der Neorenaissance von Moritz Israel, der das Rittergut Schulzendorf 1888 erworben hatte, errichtet.


Der gesamte Gutsbezirk - Schloss, Park, Patronatskirche und Dorfanger - wurde unter Denkmalschutz gestellt.
Nicht nur der Zahn der Zeit hat sichtbar am Schulzendorfer Gutsschloss genagt.

Zu einer Zeit als die Erbauer und Bewohner des Hauses, weil sie Juden waren, aus Schulzendorf vertrieben wurden, sind hässliche Anbauten angebracht worden.

 

Die zur großen Terrasse führende Freitreppe wurde zerstört und der ursprüngliche, das Gesamtensemble krönende große Turm durch den heutigen ersetzt.
Aber all dies konnte dem schönen Gebäude wenig anhaben.

Reiche aus Sandstein geformte Ornamente verzieren die Fassade aus rotem Backstein.

Neben dem reichen Fassadenschmuck wirkt die Harmonie der hohen Fensterreihen. Dem Erdgeschoss ist eine Terrasse vorgelagert, zu der die Freitreppe führte. Ein von vier Säulen getragener und von einer Sandsteinbrüstung umrandeter großer Balkon im Obergeschoss unterstreichen die Schönheit und Heiterkeit der Fassade.
Auch im Innern sind noch heute viele schöne Details zu bewundern.

 

Die bleigefassten Fenster in den Eingangstüren und die Vergitterung der Kellerfenster sind hervorragende Beispiele für den Jugendstil. Genannt seien auch die weiße Stuckkassettendecke im Festsaal, die bildliche Darstellung der vier Jahreszeiten an den oberen Wänden des Lichthofes in der Mitte des Hauses, das Schnitzwerk an den Türen und das Treppengeländer.


Ebenso schön war der Gutspark mit seinen Blumenrabatten und seltenen Bäumen, den geschwungenen Wegen, den Gräben, die von zierlichen Brücken überspannt waren, dem Schwanenteich, den freilaufenden Pfauen und den aufgestellten Plastiken. Im großen Wintergarten wuchsen Orchideen, Palmen, Orangen- und Zitronenbäume. Von dieser Schönheit ist leider nichts geblieben.


Moritz Israel bewirtschaftete das Gut nur kurze Zeit. Schon nach zwei Jahren schenkte er es seinem damals erst 21jährigen Sohn Richard zu dessen Hochzeit mit Bianca Cohn.

Bianca und Richard Israel wohnten ständig in Schulzendorf. Die Kinder Walter, Ernst, Bruno, Vera und Hilde wurden hier geboren.

Mit ihnen hielt ein neues Leben Einkehr in Schulzendorf.

Nach dem Neubau des Inspektorhauses und der beiden Gutsarbeiterhäuser begann Richard Israel 1899 mit dem Bau einer neuen, erstmals vierklassigen Schule. Vom sozialen Denken und Handeln, das in der Familie Israel Tradition war und von dem sich auch Richard und Bianca Israel im dörflichen Alltag leiten ließen, kündet auch die ehemalige Spielschule.

 

In dieser Spielschule wurden die Kinder der Gutsarbeiter, aber auch die Kinder aus dem Dorf beaufsichtigt, beschäftigt und beköstigt. 1911 wurde auf Richard Israels Veranlassung der Gutsbezirk an das Stromnetz und die Trinkwasserversorgung angeschlossen.


Richard und Bianca Israel, die sich vor keiner Arbeit auf dem Gut scheuten, waren zugleich auch hier der Familientradition folgend - hochgebildete, den schönen Künsten gegenüber aufgeschlossene und sie fördernde Menschen. Maler - so Lovis Corinth, der die Familie wiederholt portraitierte -, aber auch Musiker und Schriftsteller verbrachten viele Stunden auf dem Gut Schulzendorf.


Die Familie Israel lebte Jahrzehnte im guten Einvernehmen mit den Einwohnern von Schulzendorf. Viele ihrer Eltern standen auf dem Gutshof oft schon in zweiter Generation in Lohn und Brot.

Die Handwerker Schulzendorfs arbeiteten für die Israels.

In den Kindheitserinnerungen älterer Schulzendorfer ist oft von der Güte und Hilfsbereitschaft der Gutsherrschaft die Rede.

Der Naziterror gegen die jüdischen Menschen nach 1933, die Gesetze und Verordnungen der Erniedrigung, Unterdrückung und schließlich Ermordung jüdischer Menschen und des Raubes an ihrem Eigentum und eine unbeschreibliche Hetze der Nationalsozialisten gegen die Juden warfen ihre dunklen Schatten auch auf das Zusammenleben von jüdischen und nichtjüdischen Menschen in Schulzendorf.

 

Der wirtschaftliche Druck auf das Gut wuchs.

Seine Angestellten wurden diskriminiert, weil sie "beim Juden" arbeiteten. Bruno und Ernst Israel kamen, bevor ihnen die Emigration gelang, ins KZ. Bianca und Richard Israel wurden terrorisiert.


1939 waren beide gezwungen, ihr Haus und Land in Schulzendorf zu verlassen. Sie zogen nach Berlin, wo sie unter erbärmlichen Verhältnissen in einer sogenannten Judenwohnung lebten.


Bianca und Richard Israel waren der Familie nicht in die Emigration gefolgt. Am 17. März 1943 wurden sie in das KZ Theresienstadt deportiert.
Bis zuletzt konnte Richard Israel nicht daran glauben, dass er in Gefahr war. Er war fest davon überzeugt, dass ihn sein Einsatz im ersten Weltkrieg, in dem er Adjutant des Oberkommandierenden des kaiserlichen Heeres, Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, war, schützen würde.

 

Kurze Zeit nach seiner Ankunft in Theresienstadt starb Richard Israel. Seine Frau Bianca konnte die ungeheuren Leiden des Lagers überleben. Nach kurzem Aufenthalt in den USA starb sie hochbetagt in Hannover.

Den Verlust von Schulzendorf - ihrer Heimat - hat sie nie überwunden.

 

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Schulzendorf - 100 Jahre Kommunalverwaltung - die Bürgermeister

 

von Klaus Schädel

Wenn nachfolgend einige Betrachtungen zu kommunaler Politik in unserer Gemeinde innerhalb der vergangenen 100 Jahre angestellt werden, dann bedeutet dies keineswegs, dass es in den Jahren davor an solcher gemangelt hätte.

 

Erinnert sei an dieser Stelle stellvertretend an den Dorfschulzen Herrn Dimde, der im 19. Jahrhundert eine lange Zeit das Vertrauen seiner dörflichen Mitbürger besaß und es auch nicht enttäuschte.

 

Bis zum Jahre 1928 wurden nämlich die Gutsbezirke und die sie umgebenden Dörfer getrennt verwaltet.

Das politische Gemeinwesen Ortsgemeinde verstand man schon zur damaligen Zeit „als ein Abbild des Staates im kleinen“, sie hatte damit eine Doppelfunktion, indem sie Glied des Staates einerseits und in den Grenzen staatlicher Gesetzgebung ein selbständiger Organismus war.

 

Die wichtigste eigene Angelegenheit bestand in der Führung des Gemeindehaushalts. Daran hat sich prinzipiell bis heute kaum etwas geändert.

In kleineren Gemeinden, zu denen zählte Schulzendorf bis ins beginnende 20. Jahrhundert, wählte man nach preußischem Recht den Gemeindevorstand auf eine bestimmte Reihe von Jahren, welcher häufig nur aus einer Person, dem Gemeindevorsteher (Bürgermeister, Schultheiß, Richter, Dorfrichter oder Dorfschulze) bestand.

 

Später, als der Ort größer wurde, kamen weitere Personen als Gemeinderat hinzu. Die Wahl erfolgte durch alle stimmberechtigten Bürger, welche bei besonders schwierigen Problemen, wie beispielsweise der Schuldenaufnahme, in kleinen Gemeinden ebenfalls befragt werden mussten.

 

In späteren Zeiten waren die Bürgermeister oftmals von „höherer Stelle" vorausbestimmt und die nachfolgende Wahl dann nur noch eine formale Legitimation.

Es gab aber auch hartumstrittene Wahlkämpfe in der Ortsgeschichte; in den neunziger Jahren entschied sogar erst eine Stichwahl darüber, wer Bürgermeister werden konnte.

Nach dem Zusammenbruch der faschistischen Diktatur wurde der erste Nachkriegsbürgermeister kommissarisch von der Sowjetarmee eingesetzt und es gab in der Liste der Gemeindeoberhäupter sogar einmal eine Bürgermeisterin in Schulzendorf.

 

Kehren wir aber zur Chronologie der Geschichte zurück.
Mit dem Wachstum der Gemeinde zu Beginn des 20. Jahrhunderts vergrößerten sich für die Kommunalpolitiker auch die Probleme. So kann man darüber im Teltower Kreisblatt vom 27.9.1903 lesen:
„Das vor etwa 2 Jahren zum Zwecke der Erbauung erworbene 20 Morgen große Gelände sah in diesem Sommer einer Laubenkolonie, wie man sie in der Nähe der Hauptstadt sieht, vollständig ähnlich.

 

Das Terrain gehörte früher zum Besitz des Gemeindevorstehers Herrn Waldow, und liegt an der Miersdorfer Grenze, eine halbe Stunde von hier entfernt. Die Käufer sind Beamte bzw. Geschäftsleute in und bei Berlin.

Auf dem Terrain befindet sich bis heute erst eine massive Villa.

Da die Straßen noch nicht reguliert sind, werden weitere Bauerlaubnißscheine nicht ertheilt. Es hat sich daher vorläufig hier nur eine Laubenkolonie aufgethan, die in der Umgebung unter dem Namen ,Neu-Schulzendorf‘ bekannt ist. Bis vor Kurzem herrschte in derselben recht reges Leben.“


Wie wir heute wissen, kann der Entwicklungsstopp nicht lange angehaltenen haben. Der Ort wuchs und wuchs, trotz I. Weltkriegs und nachfolgender Inflation.

Wachstum in wirtschaftlich problematischen Zeiten bedeutet aber auch immer, dass Kompromisse eingegangen werden müssen, die man den damaligen Verantwortlichen kaum anlasten kann, obwohl sie bis auf den heutigen Tag Ärger bereiten (z. B. Straßensituation, lange fehlendes Ortszentrum).


Bis zum Jahre 1921 war die Gemeinde so stark angewachsen, dass der Bau eines Rathauses zwingend notwendig wurde.

Die Ergebnisse der Gemeindewahlen von 1929 dokumentieren die politischen Verhältnisse in der Kommune: KPD und SPD erhielten 6 Sitze, die restlichen 3 Sitze entfielen auf andere Parteien.

Später werden für lange Zeiten Wahlergebnisse erzielt werden, die weitaus eindeutiger ausfallen und bei denen die jeweils politisch Mächtigen mindestens 99 % Zustimmung erwarteten.

Durch den Einblick in die Protokolle einer Gemeindevertretersitzung vom 24.3.1930 können die Alltagsprobleme der gewählten Repräsentanten gut nachvollzogen werden.

Dazu berichtet die „Märkische Allgemeine“ vom 28.2.1992 folgendes:
„Der Tischlermeister Herr Ernst Frenzel wurde als Gemeindevertreter in sein Amt eingeführt, und auf gewissenhafte Führung seines Amtes durch Handschlag verpflichtet

... Die Beschlussfassung wegen der Breite für die Ringschulstraße wurde aus grundsätzlicher Erwägung ausgesetzt

... Für die Radelandstraße wurden 65 Eschenbäume nachbewilligt

... Zum Mitglied des Verbandsausschusses des Zweckverbandes für den Ausbau und die Unterhaltung des Selchower Flutgrabens wurde Herr Rittergutsbesitzer Israel und als dessen Stellvertreter Herr August Grothe gewählt ...

 

Zum Schluss der Versammlung stand wohl der wichtigste Tagespunkt zur Debatte: Der Erhebung der Kommunalsteuern, von der in die Gemeinde Schulzendorf eingegliederten Forstgutsbezirke des Rechnungsjahres 1929/30 in der bisherigen Weise, wurde einstimmig zugestimmt.“

In dieser Zeit erlebte der Ort mit der verstärkten Parzellierung nochmals eine bedeutende Wachstumsphase, die die Verantwortlichen erneut vor große Schwierigkeiten bei der Lösung infrastruktureller Probleme stellte.

 

Der Weltwirtschaftskrise soeben entronnen, diente der Aufschwung recht bald der Kriegsvorbereitung, und wieder wurde das Geld knapp.

 

Der Ort hatte mit etwa 10 Quadratkilometern bebauter Fläche und einem Straßennetz von etwa 100 Kilometern Ausmaße erreicht, die allein mit den verhältnismäßig geringen Steuereinnahmen kaum zu entwickeln waren.

 

Zwar gab es zu der damaligen Zeit eine für heutige Verhältnisse erstaunlich große Anzahl an Geschäften und kleinen Handwerksbetrieben im Ort, die die Steuereinnahmen der Gemeinde erhöhten - allerdings standen dem auch eine größere Zahl von Wochenendgrundstücken mit geringerem Steueraufkommen gegenüber. Bedingt durch eine gewisse Randlage zu den zentralen Verkehrswegen (Eisenbahn, Autostraßen), machten sich fehlende größere Betriebe in dieser Beziehung sehr negativ bemerkbar.

 

Das änderte sich auch zu DDR-Zeiten nicht gravierend. Das Geld blieb knapp.
So hatten „die auf der Gemeinde“ allzu oft den Mangel zu verwalten.

Womit man keineswegs bei der kritischen Bevölkerung Lob und Anerkennung erwirbt.

 

Nur der Erfolg hat viele Väter!

Vielleicht ist auch das die Ursache für die zahlreichen Bürgermeister in einem Zeitraum von ca. 50 Jahren?

 

Das vergangene Jahrhundert war durch den häufigen politischen Wechsel charakterisiert, dem Kaiserreich folgte die Weimarer Republik, diktatorischen Regierungsformen die freiheitlich demokratische Ordnung.

Stets dienten die Lokalpolitiker den jeweiligen Systemen – man sollte bei ihrer Bewertung aber nicht außer Acht lassen, dass sie in erster Linie Kommunalpolitiker waren und ihre Kraft für die Entwicklung der Gemeinde eingesetzt haben.

 

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Schulzendorfs Bürgermeister

 

1900-1945

1903 Herr Waldow
1904 Herr Berger (Dorf),
Herr Frenzel (Siedlung)
1920/22 Herr Bergener
1929 Herr Frenzel
1930 Herr Hähner
1933 Herr Gentsch

1945-1989

1945 Herr Fink
1948/56 Herr Schütze
Herr Ketter
Herr Platow
1957 Herr Heinemann
1958/64 Herr Heinze
Herr Karliczek
Herr Heinze
Herr Schleicher
1964 Herr Schwertfeger
1966/74 Frau Paris
Herr Hugo Müller
1974 Herr Langendorf
1979 Herr Norbert


1990-lfd.

1990 Herr Deppe
1991 Herr Scharf
1994 Herr Dr. Burmeister
2010 Herr Mücke